Stellungnahme der Antidiskriminierungsstelle Steiermark zum Phänomen der Hass-Postings
Die aktuelle Debatte zu Hass-Postings im Internet verweist auf einen besorgniserregenden Trend: Immer mehr Menschen bedienen sich immer aggressiverer Äußerungen, um bestimmte Gruppen – im Moment besonders Asylwerbende sowie Migrantinnen und Migranten – zu beschimpfen.
Waren es im Jahr 2012 noch 77 Fälle (18,12% aller der Antidiskriminierungsstelle Steiermark gemeldeten Fälle), im Jahr 2013 28 Fälle (6,1%) und im Jahr 2014 40 Fälle (7,52%), so sind es bereits mit Juli des Jahres 2015 68 Fälle (27%) von Hass-Postings, die der Antidiskriminierungsstelle Steiermark gemeldet wurden. Laut Mag. Peter Gridling, Direktor vom Bundesamt für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung, seien im vorigen Jahr 3.354 Hinweise und Meldungen bezüglich Hass-Postings bei der Meldestelle – NS-Wiederbetätigung eingegangen, wovon rund 630 Anzeigen strafrechtlich relevant waren. Das bedeute einen Anstieg um 30%.1
Eines der Hauptprobleme im Umgang mit Hass-Postings liegt darin, dass derartige Äußerungen rechtlich nur schwer zu ahnden sind und sich auch deren Löschung vom verwendeten Medium (Facebook, Online-Zeitungen) mitunter – je nach den Richtlinien des Mediums – schwierig gestaltet. Die Novellierung des Strafgesetzbuches, insbesondere die geplanten Änderungen des Verhetzungsparagraphen § 283 StGB, stelltin diesem Zusammenhang eine wichtige Richtungsentscheidung dar. Angesichts der erschreckenden Zunahme von Hass-Postings im Internet, vor allem in sozialen Netzwerken wie Facebook, ist eine Anpassung der entsprechenden strafrechtlichen Bestimmungen längst überfällig.
Österreich unterzeichnete im Jahr 2003 das Zusatzprotokoll zum Übereinkommen über Computerkriminalität betreffend die Kriminalisierung mittels Computersystemen begangener Handlungen rassistischer und fremdenfeindlicher Art – eine Ratifizierung dieses Zusatzprotokolls ist bis heute ausgeblieben und damit auch eine Umsetzung dieses Übereinkommens in der österreichischen Rechtsordnung. Die Novellierung des § 283 StGB stellt zumindest eine teilweise Umsetzung dieses Zusatzprotokolls dar, welches mehr Schutz vor diskriminierenden Aussagen im Internet bieten soll. Der bisher eher zurückhaltenden Anwendung des Verhetzungsparagraphen durch österreichische Gerichte soll durch dessen Anpassung an den zunehmenden „Alltags-Rassismus“ entgegengewirkt werden.
Rassistische Äußerungen und Handlungen, die einen Bezug zum Nationalsozialismus haben, sind über das Verbotsgesetz verfolgbar, zudem ist für „Beiträge mit neonazistischen, rassistischen und antisemitischen Inhalten“2 eine eigene Meldestelle für NS-Wiederbetätigung beim Bundesministerium für Inneres eingerichtet. Die meisten islam-, asyl-, und fremdenfeindlichen Hass-Postings fallen jedoch nicht unter das Verbotsgesetz und werden daher auch nicht nach diesem Gesetz verfolgt. Angesichts der zunehmend feindlich gesinnten Einstellung gegenüber Asylwerberinnen und Asylwerbern, Musliminnen und Muslimen, sowie Migrantinnen und Migranten, stellt sich die Frage, ob nicht auch eine eigene Meldestelle für Beiträge mit antiislamischen und asyl- bzw. fremdenfeindlichen Inhalten erforderlich ist. Auch das Zusatzprotokoll zum Übereinkommen über Computerkriminalität betreffend die Kriminalisierung mittels Computersystemen begangener Handlungen rassistischer und fremdenfeindlicher Art sieht neben legislativen auch andere Maßnahmen vor, um effektiver gegen rassistisch und fremdenfeindlich motivierte Beleidigungen vorzugehen.3
Nachfolgend werden wir anhand einiger Beispiele (allesamt Facebook-Beiträge) die Dringlichkeit der Auseinandersetzung mit der strafrechtlichen Verfolgbarkeit von islam-,asyl-, oder fremdenfeindlichen Postings aufzeigen. Aussagen in sozialen Netzwerken wie Facebook erfüllen einerseits zwar immerhin das Tatbestandsmerkmal des § 283 Abs. 1 StGB – sie werden auf eine Weise getätigt, die für eine breite Öffentlichkeit wahrnehmbar ist4, andererseits werden die von diesen Äußerungen betroffenen Gruppen (Flüchtlinge, Asylwerbende, Migrantinnen und Migranten) im Strafgesetzbuch nicht explizit als zu schützende Personengruppen genannt.
Ein aktuelles Beispiel:
Die Feuerwehr in Feldkirchen an der Donau hatte sich angesichts des heißen Wetters dazu entschlossen, Flüchtlingskindern eine Wasserdusche zu spendieren. Diese Meldung wurde auf Facebook mit einem Foto veröffentlicht, das ein Kind zeigt, welches sich über diese Abkühlung offensichtlich freut. Die Aktion fand in den sozialen Netzwerken weitgehend Lob und Anerkennung. Es fand sich jedoch auch die eine oder andere hasserfüllte Reaktion: „Flammenwerfer währe [sic!] da die bessere Lösung“. Diese Aussage hat einen eindeutig rassistischen Hintergrund: Würdeverletzende Aussagen gegenüber Menschen aufgrund des Flüchtlingsstatus trifft jedenfalls Menschen aus Drittstaaten. Somit handelt es sich um Menschen, die in Österreich aufgrund der Ethnie potentiell diskriminiert sind, was wiederum einer rassistischen Diskriminierung gleichzuhalten ist. Dennoch sind die rechtlichen Konsequenzen für derartige Äußerungen nach der derzeitigen österreichischen Gesetzeslage nicht so eindeutig:
Einschlägig für eine strafrechtliche Sanktion wäre hier der Tatbestand der Verhetzung nach § 283 Abs. 2 StGB. Dieser lautet im Moment und vor der geplanten Änderung wie folgt:
§ 283. (1) Wer öffentlich auf eine Weise, die geeignet ist, die öffentliche Ordnung zu gefährden, oder wer für eine breite Öffentlichkeit wahrnehmbar zu Gewalt gegen eine Kirche oder Religionsgesellschaft oder eine andere nach den Kriterien der Rasse (sic!), der Hautfarbe, der Sprache, der Religion oder Weltanschauung, der Staatsangehörigkeit, der Abstammung oder nationalen oder ethnischen Herkunft, des Geschlechts, einer Behinderung, des Alters oder der sexuellen Ausrichtung definierte Gruppe von Personen oder gegen ein Mitglied einer solchen Gruppe ausdrücklich wegen dessen Zugehörigkeit zu dieser Gruppe auffordert oder aufreizt, ist mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren zu bestrafen.
(2) Ebenso ist zu bestrafen, wer für eine breite Öffentlichkeit wahrnehmbar gegen eine in Abs. 1 bezeichnete Gruppe hetzt oder sie in einer die Menschenwürde verletzenden Weise beschimpft und dadurch verächtlich zu machen sucht.
Der geschützte Personenkreis umfasst nach § 283 Abs. 1 StGB also Gruppen, die nach bestimmten Kriterien definiert werden. Hinsichtlich rassistischer Taten kommen dabei solche Gruppen in Betracht, die über die Hautfarbe, Sprache, Staatszugehörigkeit, Abstammung und nationale oder ethnische Herkunft definiert werden.
Des Weiteren muss die Aussage von der breiten Öffentlichkeit wahrgenommen werden. Der Begriff der „breiten Öffentlichkeit“ ist bis dato noch nicht eindeutig geklärt. Jedenfalls umfasst dieser aber derzeit eine Anzahl von ca. 150 Personen.
Abs. 2 leg cit. verbietet die Hetze gegen die genannten Personenkreise. Darunter ist ein emotionaler Aufruf zu verstehen, die jeweilige Gruppe zu hassen oder zu verachten. Ebenso ist der Tatbestand der Verhetzung nach Abs. 2 erfüllt, wenn eine der genannten Gruppen „in einer die Menschenwürde verletzenden Weise beschimpft“ oder „verächtlich“ gemacht wird. Während die Verächtlichmachung besagt, dass etwas durch Werturteile oder Tatsachenbehauptungen als der Achtung durch die Staatsbürgerinnen und Staatsbürger unwert oder unwürdig hingestellt wird, bedeutet „beschimpfen“ eine durch Form und Inhalt besonders verletzende Äußerung der Missachtung.5 Ein Angriff auf die Menschenwürde setzt zudem voraus, dass er sich „gegen den unverzichtbaren und unableitbaren Persönlichkeitskern“6 des oder der anderen richtet.
Die Aussage, dass ein Flammenwerfer – anstelle eines Wasserschlauchs – die bessere Lösung gewesen wäre, legt die Vermutung nahe, der Verfasser des Kommentars wünsche sich den Tod der Asylwerbenden. Da das menschliche Leben die vitale Basis der Menschenwürde ist, wird durch diese Aussage jedenfalls die Gruppe der Asylwerbenden durch eine herabwürdigende Weise in ihrer Menschenwürde verletzt. Unzweifelhaft ist aus unserer Sicht zudem, dass durch das Posting auf Facebook die breite Öffentlichkeit angesprochen wird. Schwieriger gestaltet sich schon die Beurteilung der strafrechtlichen Relevanz des Postings in Bezug auf den nach § 283 StGB geschützten Personenkreis. Der Kommentar des Verfassers richtet sich weder explizit gegen eine bestimmte Ethnie noch gegen eine spezielle Nationalität oder ethnische Herkunft. Gemeint ist die Gruppe der Asylwerbenden – ein nach derzeitiger Gesetzeslage nicht geschützter Personenkreis. Aus unserer Sicht sind Aylwerberinnen und Asylwerber durchaus unter den § 283 subsumierbar, da es sich um Menschen handelt, die – wie bereits oben angeführt – jedenfalls aus Drittstaaten stammen und daher in Österreich aufgrund der Ethnie potentiell diskriminiert sind.
Schon im Jahr 2010 hat sich ein Standard-Artikel8 mit dem Thema der Online-Verhetzung auseinandergesetzt. Frau Prof. Dr. Susanne Reindl, Strafrechtsprofessorin der Rechtswissenschaftlichen Fakultät der Universität Wien, Expertin für Computerstrafrecht, sah damals das Problem weniger im Wortlaut des § 283 StGB, sondern vielmehr in der mangelnden (internationalen) Durchsetzbarkeit der Verfolgung. Befinden sich die verhetzenden oder nationalsozialistischen Äußerungen auf ausländischen Webseiten, unterliegen sie automatisch dem Recht dieses Staates; die USA zum Beispiel beziehen sich auf ihr „First Amendment“ – den viel zitierten Ersten Zusatzartikel zur Verfassung, welcher u.a. ein Verbot der Einschränkung der Meinungsfreiheit normiert. Dadurch sind Äußerungen, die den Tatbestand der Verhetzung gemäß dem österreichischen StGB erfüllen, nicht verfolgbar.
Eine andere Möglichkeit für Facebook-Nutzerinnen und -Nutzer, auf verhetzende Postings zu reagieren, ist die direkte Meldung dieser Postings an die Facebook-Redaktion. Laut den Richtlinien von Facebook sind rassistische und volksverhetzende Kommentare nicht erlaubt, Formen von Mobbing und Belästigung werden nicht toleriert.9
Um unter den noch geltenden Verhetzungsparagraphen subsumiert zu werden, muss das Tatbestandsmerkmal der einfachen Öffentlichkeit gegeben sein; bei Postings in sozialen Netzwerken wie Facebook ist dies jedenfalls gegeben. Laut Frau Prof. Dr. Reindl sollte sich jede und jeder Internet-User/in im Klaren darüber sein, dass das Internet kein rechtsfreier Raum ist.
Die nachfolgend genannten und im Rahmen des Strafrechtsänderungsgesetzes 2015 geplanten Änderungen des § 283 StGB erachtet die Antidiskriminierungsstelle Steiermark als positive Anpassungen:
Waren es im Jahr 2012 noch 77 Fälle (18,12% aller der Antidiskriminierungsstelle Steiermark gemeldeten Fälle), im Jahr 2013 28 Fälle (6,1%) und im Jahr 2014 40 Fälle (7,52%), so sind es bereits mit Juli des Jahres 2015 68 Fälle (27%) von Hass-Postings, die der Antidiskriminierungsstelle Steiermark gemeldet wurden. Laut Mag. Peter Gridling, Direktor vom Bundesamt für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung, seien im vorigen Jahr 3.354 Hinweise und Meldungen bezüglich Hass-Postings bei der Meldestelle – NS-Wiederbetätigung eingegangen, wovon rund 630 Anzeigen strafrechtlich relevant waren. Das bedeute einen Anstieg um 30%.1
Eines der Hauptprobleme im Umgang mit Hass-Postings liegt darin, dass derartige Äußerungen rechtlich nur schwer zu ahnden sind und sich auch deren Löschung vom verwendeten Medium (Facebook, Online-Zeitungen) mitunter – je nach den Richtlinien des Mediums – schwierig gestaltet. Die Novellierung des Strafgesetzbuches, insbesondere die geplanten Änderungen des Verhetzungsparagraphen § 283 StGB, stelltin diesem Zusammenhang eine wichtige Richtungsentscheidung dar. Angesichts der erschreckenden Zunahme von Hass-Postings im Internet, vor allem in sozialen Netzwerken wie Facebook, ist eine Anpassung der entsprechenden strafrechtlichen Bestimmungen längst überfällig.
Österreich unterzeichnete im Jahr 2003 das Zusatzprotokoll zum Übereinkommen über Computerkriminalität betreffend die Kriminalisierung mittels Computersystemen begangener Handlungen rassistischer und fremdenfeindlicher Art – eine Ratifizierung dieses Zusatzprotokolls ist bis heute ausgeblieben und damit auch eine Umsetzung dieses Übereinkommens in der österreichischen Rechtsordnung. Die Novellierung des § 283 StGB stellt zumindest eine teilweise Umsetzung dieses Zusatzprotokolls dar, welches mehr Schutz vor diskriminierenden Aussagen im Internet bieten soll. Der bisher eher zurückhaltenden Anwendung des Verhetzungsparagraphen durch österreichische Gerichte soll durch dessen Anpassung an den zunehmenden „Alltags-Rassismus“ entgegengewirkt werden.
Rassistische Äußerungen und Handlungen, die einen Bezug zum Nationalsozialismus haben, sind über das Verbotsgesetz verfolgbar, zudem ist für „Beiträge mit neonazistischen, rassistischen und antisemitischen Inhalten“2 eine eigene Meldestelle für NS-Wiederbetätigung beim Bundesministerium für Inneres eingerichtet. Die meisten islam-, asyl-, und fremdenfeindlichen Hass-Postings fallen jedoch nicht unter das Verbotsgesetz und werden daher auch nicht nach diesem Gesetz verfolgt. Angesichts der zunehmend feindlich gesinnten Einstellung gegenüber Asylwerberinnen und Asylwerbern, Musliminnen und Muslimen, sowie Migrantinnen und Migranten, stellt sich die Frage, ob nicht auch eine eigene Meldestelle für Beiträge mit antiislamischen und asyl- bzw. fremdenfeindlichen Inhalten erforderlich ist. Auch das Zusatzprotokoll zum Übereinkommen über Computerkriminalität betreffend die Kriminalisierung mittels Computersystemen begangener Handlungen rassistischer und fremdenfeindlicher Art sieht neben legislativen auch andere Maßnahmen vor, um effektiver gegen rassistisch und fremdenfeindlich motivierte Beleidigungen vorzugehen.3
Nachfolgend werden wir anhand einiger Beispiele (allesamt Facebook-Beiträge) die Dringlichkeit der Auseinandersetzung mit der strafrechtlichen Verfolgbarkeit von islam-,asyl-, oder fremdenfeindlichen Postings aufzeigen. Aussagen in sozialen Netzwerken wie Facebook erfüllen einerseits zwar immerhin das Tatbestandsmerkmal des § 283 Abs. 1 StGB – sie werden auf eine Weise getätigt, die für eine breite Öffentlichkeit wahrnehmbar ist4, andererseits werden die von diesen Äußerungen betroffenen Gruppen (Flüchtlinge, Asylwerbende, Migrantinnen und Migranten) im Strafgesetzbuch nicht explizit als zu schützende Personengruppen genannt.
Ein aktuelles Beispiel:
Die Feuerwehr in Feldkirchen an der Donau hatte sich angesichts des heißen Wetters dazu entschlossen, Flüchtlingskindern eine Wasserdusche zu spendieren. Diese Meldung wurde auf Facebook mit einem Foto veröffentlicht, das ein Kind zeigt, welches sich über diese Abkühlung offensichtlich freut. Die Aktion fand in den sozialen Netzwerken weitgehend Lob und Anerkennung. Es fand sich jedoch auch die eine oder andere hasserfüllte Reaktion: „Flammenwerfer währe [sic!] da die bessere Lösung“. Diese Aussage hat einen eindeutig rassistischen Hintergrund: Würdeverletzende Aussagen gegenüber Menschen aufgrund des Flüchtlingsstatus trifft jedenfalls Menschen aus Drittstaaten. Somit handelt es sich um Menschen, die in Österreich aufgrund der Ethnie potentiell diskriminiert sind, was wiederum einer rassistischen Diskriminierung gleichzuhalten ist. Dennoch sind die rechtlichen Konsequenzen für derartige Äußerungen nach der derzeitigen österreichischen Gesetzeslage nicht so eindeutig:
Einschlägig für eine strafrechtliche Sanktion wäre hier der Tatbestand der Verhetzung nach § 283 Abs. 2 StGB. Dieser lautet im Moment und vor der geplanten Änderung wie folgt:
§ 283. (1) Wer öffentlich auf eine Weise, die geeignet ist, die öffentliche Ordnung zu gefährden, oder wer für eine breite Öffentlichkeit wahrnehmbar zu Gewalt gegen eine Kirche oder Religionsgesellschaft oder eine andere nach den Kriterien der Rasse (sic!), der Hautfarbe, der Sprache, der Religion oder Weltanschauung, der Staatsangehörigkeit, der Abstammung oder nationalen oder ethnischen Herkunft, des Geschlechts, einer Behinderung, des Alters oder der sexuellen Ausrichtung definierte Gruppe von Personen oder gegen ein Mitglied einer solchen Gruppe ausdrücklich wegen dessen Zugehörigkeit zu dieser Gruppe auffordert oder aufreizt, ist mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren zu bestrafen.
(2) Ebenso ist zu bestrafen, wer für eine breite Öffentlichkeit wahrnehmbar gegen eine in Abs. 1 bezeichnete Gruppe hetzt oder sie in einer die Menschenwürde verletzenden Weise beschimpft und dadurch verächtlich zu machen sucht.
Der geschützte Personenkreis umfasst nach § 283 Abs. 1 StGB also Gruppen, die nach bestimmten Kriterien definiert werden. Hinsichtlich rassistischer Taten kommen dabei solche Gruppen in Betracht, die über die Hautfarbe, Sprache, Staatszugehörigkeit, Abstammung und nationale oder ethnische Herkunft definiert werden.
Des Weiteren muss die Aussage von der breiten Öffentlichkeit wahrgenommen werden. Der Begriff der „breiten Öffentlichkeit“ ist bis dato noch nicht eindeutig geklärt. Jedenfalls umfasst dieser aber derzeit eine Anzahl von ca. 150 Personen.
Abs. 2 leg cit. verbietet die Hetze gegen die genannten Personenkreise. Darunter ist ein emotionaler Aufruf zu verstehen, die jeweilige Gruppe zu hassen oder zu verachten. Ebenso ist der Tatbestand der Verhetzung nach Abs. 2 erfüllt, wenn eine der genannten Gruppen „in einer die Menschenwürde verletzenden Weise beschimpft“ oder „verächtlich“ gemacht wird. Während die Verächtlichmachung besagt, dass etwas durch Werturteile oder Tatsachenbehauptungen als der Achtung durch die Staatsbürgerinnen und Staatsbürger unwert oder unwürdig hingestellt wird, bedeutet „beschimpfen“ eine durch Form und Inhalt besonders verletzende Äußerung der Missachtung.5 Ein Angriff auf die Menschenwürde setzt zudem voraus, dass er sich „gegen den unverzichtbaren und unableitbaren Persönlichkeitskern“6 des oder der anderen richtet.
Die Aussage, dass ein Flammenwerfer – anstelle eines Wasserschlauchs – die bessere Lösung gewesen wäre, legt die Vermutung nahe, der Verfasser des Kommentars wünsche sich den Tod der Asylwerbenden. Da das menschliche Leben die vitale Basis der Menschenwürde ist, wird durch diese Aussage jedenfalls die Gruppe der Asylwerbenden durch eine herabwürdigende Weise in ihrer Menschenwürde verletzt. Unzweifelhaft ist aus unserer Sicht zudem, dass durch das Posting auf Facebook die breite Öffentlichkeit angesprochen wird. Schwieriger gestaltet sich schon die Beurteilung der strafrechtlichen Relevanz des Postings in Bezug auf den nach § 283 StGB geschützten Personenkreis. Der Kommentar des Verfassers richtet sich weder explizit gegen eine bestimmte Ethnie noch gegen eine spezielle Nationalität oder ethnische Herkunft. Gemeint ist die Gruppe der Asylwerbenden – ein nach derzeitiger Gesetzeslage nicht geschützter Personenkreis. Aus unserer Sicht sind Aylwerberinnen und Asylwerber durchaus unter den § 283 subsumierbar, da es sich um Menschen handelt, die – wie bereits oben angeführt – jedenfalls aus Drittstaaten stammen und daher in Österreich aufgrund der Ethnie potentiell diskriminiert sind.
Traiskirchn muß unbedingt ganz schnell vom Asyl Müll mit Blei gereinigt werden ! [...]Durch diese und ähnliche Hass-Postings – gesammelt zu finden auf der Webseite Eau de Strache7 – wird eindeutig gegen verschiedene Personengruppen gehetzt. Wie weit bei einigen Postings ein Aufruf zu (tatsächlicher) Gewalt und somit eine Verwirklichung des Tatbestands des Absatzes 1 zu finden ist, ist im Einzelfall zu prüfen.
Karl R., vor 8 Tagen via facebook
Früher mal gab es auch diverse "Auffanglager" die heute noch bestehen. [...] reaktivieren und den Gashahn aufmachen (zwecks heizen)
Chris F., vor 13 Tagen via facebook
Ich würds überfahrn [smiley] scheiß insektn alle gehörn vernichtet
Manuel R., vor 23 Tagen via facebook
Nicht zurück schicken kostet nur an die Wand mit dem Gsindelund ah ruha is hat ms früher ah so gmacht
Robert K., vor einem Monat via facebook
Das ist der abschaum afrikas die müsst ihr ein leben lang durchfüttern ist das euch bewusst
Marianne M., vor 2 Monaten via facebook
Die sollte man alle samt in ein Lager stecken, wo sie mal lernen wie man arbeitet, denn Arbeit macht fr...öhlich!!!
Alexandra G., vor 2 Monaten via facebook
Bin für eine kulturelle Reinigung. [...]
Mike S., vor 2 Monaten via facebook
Diese arschlöcher gehören nachhause gesendet per Paket aus Holz
Wolfgang S., vor 2 Monaten via facebook
Schon im Jahr 2010 hat sich ein Standard-Artikel8 mit dem Thema der Online-Verhetzung auseinandergesetzt. Frau Prof. Dr. Susanne Reindl, Strafrechtsprofessorin der Rechtswissenschaftlichen Fakultät der Universität Wien, Expertin für Computerstrafrecht, sah damals das Problem weniger im Wortlaut des § 283 StGB, sondern vielmehr in der mangelnden (internationalen) Durchsetzbarkeit der Verfolgung. Befinden sich die verhetzenden oder nationalsozialistischen Äußerungen auf ausländischen Webseiten, unterliegen sie automatisch dem Recht dieses Staates; die USA zum Beispiel beziehen sich auf ihr „First Amendment“ – den viel zitierten Ersten Zusatzartikel zur Verfassung, welcher u.a. ein Verbot der Einschränkung der Meinungsfreiheit normiert. Dadurch sind Äußerungen, die den Tatbestand der Verhetzung gemäß dem österreichischen StGB erfüllen, nicht verfolgbar.
Eine andere Möglichkeit für Facebook-Nutzerinnen und -Nutzer, auf verhetzende Postings zu reagieren, ist die direkte Meldung dieser Postings an die Facebook-Redaktion. Laut den Richtlinien von Facebook sind rassistische und volksverhetzende Kommentare nicht erlaubt, Formen von Mobbing und Belästigung werden nicht toleriert.9
Um unter den noch geltenden Verhetzungsparagraphen subsumiert zu werden, muss das Tatbestandsmerkmal der einfachen Öffentlichkeit gegeben sein; bei Postings in sozialen Netzwerken wie Facebook ist dies jedenfalls gegeben. Laut Frau Prof. Dr. Reindl sollte sich jede und jeder Internet-User/in im Klaren darüber sein, dass das Internet kein rechtsfreier Raum ist.
Die nachfolgend genannten und im Rahmen des Strafrechtsänderungsgesetzes 2015 geplanten Änderungen des § 283 StGB erachtet die Antidiskriminierungsstelle Steiermark als positive Anpassungen:
- Das Tatbestandsmerkmal der Öffentlichkeit in Absatz 1 wird um die Wortfolge „dass es vielen Menschen zugänglich wird“ erweitert; statt der bisher geforderten „breiten Öffentlichkeit“ von 150 Personen sollen nunmehr bereits 30 ausreichen. Dadurch ist eine raschere Strafbarkeit gegeben.
- In Abs (1) Z 1 soll durch Einfügen von „vorhandener oder fehlender.... (Staatsangehörigkeit)“ klar normiert werden, dass die geschützte Personengruppe sowohl positiv als auch negativ definiert werden kann.
- Der neu formulierte Absatz 2 normiert die Strafbarkeit von Verhetzung auf eine Art und Weise, die einer breiten Öffentlichkeit zugänglich ist. Hierunter sind u. a. soziale Netzwerke wie Facebook zu subsumieren, bei welchen der Tatbestand der Öffentlichkeit gegeben ist. Vorausgesetzt ist, dass es sich nicht um Hass-Postings innerhalb geschlossener Gruppen handelt; in diesem Fall muss das Tatbestandsmerkmal „breite Öffentlichkeit“ einzeln geprüft werden. Des Weiteren ist die Anhebung des Strafrahmens in diesem Falle positiv zu bewerten.
- Der gänzlich neue Tatbestand des Abs. 3 stellt die tatsächliche Gewaltausübung gegen eine bestimmte Personengruppe oder ein Mitglied Gruppe dieser unter strengere Strafandrohung.
- Durch die Formulierung „Aufstacheln zu Hass“ (incitement to hate) in Absatz (1) Z 1 wird internationalen Vorgaben besser entsprochen, zB Artikel 2 (1) obiges ZP.
Trotz dieser Verbesserungen sieht die Antidiskriminierungsstelle Steiermark noch weiteren Bedarf nach strafrechtlichen Anpassungen:
- Die derzeitige Unschärfe, ob auch Flüchtlinge sowie Asylwerberinnen und Asylwerber tatsächlich unter die geschützten Personengruppen in Abs 1 Z 1 fallen, sollte bereinigt werden: Angesichts des Ausmaßes an verhetzenden Äußerungen gegen diese Gruppen ist eine explizite Nennung dieser Personengruppe wünschenswert.
- Des Weiteren werden auch bettelnde Menschen und Obdachlose im § 283 StGB nicht als schützenswerte Personengruppen genannt. Gleichzeitig sind sie regelmäßig Opfer von Diskriminierung und Hetze, vor allem vor Wahlkämpfen werden sie regelmäßig als „Feindbild“ einer gewissen Partei benutzt. Hierzu verweisen wir auf die Stellungnahme von SOS Mitmensch zum Strafrechtsänderungsgesetz vom 22.04.2015.10
- Wir empfehlen eine unmissverständliche Beschreibung des Tatbestandsmerkmales Absicht, § 283 (1) Z 2 StGB. Der Originaltext des ZP lautet „committed intentionally“, dies kann als Absicht oder Vorsatz übersetzt werden. Nach österreichischem Recht unterscheidet § 5 StGB jedoch ausdrücklich zwischen diesen beiden subjektiven Handlungsmotiven. Eine Aushöhlung des Absatzes 2 auf Grund verschiedener Übersetzungen/ Auslegungen ist nicht wünschenswert.
Die Empfehlungen der Antidiskriminierungsstelle Steiermark zu Hass-Postings
Antidiskriminierungsbericht Steiermark 2012:11
Österreich hat im Juni 2012 das Übereinkommen über Computerkriminalität (SEV Nr. 185) des Europarates ratifiziert, welches mit Oktober 2012 österreichweit in Kraft getreten ist. Schwerpunkte dieses Übereinkommens sind vor allem „Verletzungen des Urheberrechts, Betrug per Computer, Kinderpornographie und Verstöße gegen die Sicherheit von elektronischen Netzen.“ Das Zusatzprotokoll zum Übereinkommen über Computerkriminalität betreffend die Kriminalisierung mittels Computersystemen begangener Handlungen rassistischer und fremdenfeindlicher Art (SEV Nr. 189) regelt die Problematik von rassistischen und fremdenfeindlichen Veröffentlichungen. Dieses wurde von Österreich zwar im Jänner 2003 unterzeichnet, jedoch bis zum heutigen Zeitpunkt noch nicht ratifiziert. Da besonders dieses Zusatzprotokoll mehr Schutz vor rassistischen und diskriminierenden Aussagen im Internet bietet, wäre eine Ratifizierung sehr wünschenswert.
Antidiskriminierungsbericht Steiermark 2013:12
Die Antidiskriminierungsstelle Steiermark empfiehlt daher Medieninhaberinnen und Medieninhabern, auf das Verbot der Diskriminierung hinzuweisen und Werbebanner mit Meldefunktionen gegen Diskriminierung zu verwenden. Dadurch wird es jedem Einzelnen einfacher möglich, eine Diskriminierung im Internet zu melden und dagegen vorzugehen. Die Antidiskriminierungsstelle Steiermark appelliert an die Medieninhaberinnen und Medieninhaber Aufklärungs- und Präventionsarbeit zu leisten und diskriminierende Postings umgehend aus dem Internet zu löschen.
Österreich hat im Juni 2012 das Übereinkommen über Computerkriminalität (SEV Nr. 185) des Europarates ratifiziert, welches mit Oktober 2012 österreichweit in Kraft getreten ist. Schwerpunkte dieses Übereinkommens sind vor allem „Verletzungen des Urheberrechts, Betrug per Computer, Kinderpornographie und Verstöße gegen die Sicherheit von elektronischen Netzen.“ Das Zusatzprotokoll zum Übereinkommen über Computerkriminalität betreffend die Kriminalisierung mittels Computersystemen begangener Handlungen rassistischer und fremdenfeindlicher Art (SEV Nr. 189) regelt die Problematik von rassistischen und fremdenfeindlichen Veröffentlichungen. Dieses wurde von Österreich zwar im Jänner 2003 unterzeichnet, jedoch bis zum heutigen Zeitpunkt noch nicht ratifiziert. Da besonders dieses Zusatzprotokoll mehr Schutz vor rassistischen und diskriminierenden Aussagen im Internet bietet, wäre eine Ratifizierung sehr wünschenswert.
Antidiskriminierungsbericht Steiermark 2013:12
Die Antidiskriminierungsstelle Steiermark empfiehlt daher Medieninhaberinnen und Medieninhabern, auf das Verbot der Diskriminierung hinzuweisen und Werbebanner mit Meldefunktionen gegen Diskriminierung zu verwenden. Dadurch wird es jedem Einzelnen einfacher möglich, eine Diskriminierung im Internet zu melden und dagegen vorzugehen. Die Antidiskriminierungsstelle Steiermark appelliert an die Medieninhaberinnen und Medieninhaber Aufklärungs- und Präventionsarbeit zu leisten und diskriminierende Postings umgehend aus dem Internet zu löschen.
1 Vgl.: Ö1 Morgenjournal vom 30.07.2015.
2 http://www.bmi.gv.at/cms/bmi_verfassungsschutz/meldestelle/.
3 Kapitel II, Artikel 5, Abs. 1 des Zusatzprotokolls zum Übereinkommen über Computerkriminalität betreffend die Kriminalisierung mittels Computersystemen begangener Handlungen rassistischer und fremdenfeindlicher Art.
4 Vgl. § 283 Abs 1 StGB.
5 Vgl.: Rechtssatznummer RS0104618, GZ: 2Ss299/74 vom 18.02.1975. Download von https://www.ris.bka.gv.at/Dokument.wxe?Abfrage=Justiz&Dokumentnummer=JJR_19750218_AUSL000_0020SS00299
6 http://www.hansschauer.de/html/dir3/ch09s08.html.
7 https://www.eaudestrache.at/
8 http://derstandard.at/1288659419149/Auch-online-ist-Verhetzung-verboten
9 https://www.facebook.com/communitystandards.
10 Vgl.: http://www.parlament.gv.at/PAKT/VHG/XXV/SNME/SNME_03087/imfname_402470.pdf.
11 http://www.antidiskriminierungsstelle.steiermark.at/cms/beitrag/11871902/99808396, S 39.
12 http://www.antidiskriminierungsstelle.steiermark.at/cms/beitrag/12029029/109124514, S 37.
2 http://www.bmi.gv.at/cms/bmi_verfassungsschutz/meldestelle/.
3 Kapitel II, Artikel 5, Abs. 1 des Zusatzprotokolls zum Übereinkommen über Computerkriminalität betreffend die Kriminalisierung mittels Computersystemen begangener Handlungen rassistischer und fremdenfeindlicher Art.
4 Vgl. § 283 Abs 1 StGB.
5 Vgl.: Rechtssatznummer RS0104618, GZ: 2Ss299/74 vom 18.02.1975. Download von https://www.ris.bka.gv.at/Dokument.wxe?Abfrage=Justiz&Dokumentnummer=JJR_19750218_AUSL000_0020SS00299
6 http://www.hansschauer.de/html/dir3/ch09s08.html.
7 https://www.eaudestrache.at/
8 http://derstandard.at/1288659419149/Auch-online-ist-Verhetzung-verboten
9 https://www.facebook.com/communitystandards.
10 Vgl.: http://www.parlament.gv.at/PAKT/VHG/XXV/SNME/SNME_03087/imfname_402470.pdf.
11 http://www.antidiskriminierungsstelle.steiermark.at/cms/beitrag/11871902/99808396, S 39.
12 http://www.antidiskriminierungsstelle.steiermark.at/cms/beitrag/12029029/109124514, S 37.