Stellungnahme zum Steiermärkischen Landes-Gleichbehandlungsgesetz (StLGBG 2023)
anlässlich der Überarbeitung des Steiermärkischen Landes- Gleichbehandlungsgesetzes (StLGBG 2023)
Die Antidiskriminierungsstelle Steiermark begrüßt den Entwurf zur Änderung des Landes-Gleichbehandlungsgesetzes und erlaubt sich zu einigen Punkten wie folgt Stellung zu nehmen:
Geschlechtsneutrale Formulierung
Die Antidiskriminierungsstelle Steiermark empfindet die Zielsetzung der durchgängigen geschlechtsneutralen Formulierung als äußerst begrüßenswert. Es wird jedoch darauf hingewiesen, dass einige Bestimmungen wie zum Beispiel § 8 Z 3 StLGBG 2023, § 11 StLGBG 2023, § 27 StLGBG 2023 derzeit noch keine vollständige gender- bzw. geschlechtsneutrale Formulierung aufweisen. Das Verwenden des „Schrägstrichs" zur intendierten geschlechtsneutralen Formulierung führt dazu, dass das dritte Geschlecht (‚divers‘) keinerlei Berücksichtigung erfährt. Eine in den Erläuterungen zu § 1 StLGBG 2023 aufgenommene Generalklausel, der zufolge das Kriterium des Gechlechts „weit auszulegen ist", wovon auch nicht binäre Personen „erfasst" sein sollen, ist unseres Erachtens keinesfalls ausreichend, um der Problematik der Geschlechtervielfalt, die grundsätzlich durch das StLGBG 2023 aufgegriffen werden soll, hinreichend Bedeutung zu verleihen. Folglich ersuchen wir Sie höflichst im StLGBG 2023 durchgehend nicht nur gender- sondern vor allem auch geschlechtsneutral zu formulieren und dabei das dritte Geschlecht keinesfalls außer Acht zu lassen. Diesbezüglich können wir Ihnen die Formulierung mit Gendersternchen ‚*‘ nahelegen.
Interpretationsspielraum § 3 StLGBG 2023
Offen ist für die Antidiskriminierungsstelle Steiermark geblieben, ob in § 3 StLGBG 2023 die sexuelle Orientierung und Identität als ein Diskriminierungsmerkmal interpretiert werden kann. Sollte dies nicht der Fall sein und die (sexuelle) Identität neben dem Diskriminierungsmerkmal des Geschlechts und somit neben der Geschlechtsidentität noch ein eigenes Merkmal darstellen, möchten wir, für eine bessere Verständlichkeit und um Interpretationsschwierigkeiten zu vermeiden, dazu anregen, das Merkmal der (sexuellen) Identität als eigenen Punkt aufzulisten.
Herabsetzung des Monatsbezugs in § 17 Abs 2 Z 2 StLGBG 2023
Auch wenn für uns nachvollziehbar ist, dass eine Diskriminierung nach § 17 Abs 2 Z 1 StLGBG 2023 wesentlich schwerer wiegt als § 17 Abs 2 Z 2 StLGBG 2023, möchten wir unser Bedenken teilen, dass die Herabsetzung bei Z 2 auf bloß einen Monatsbezug dahingehend problematisch ist, als dass ein Monatsbezug unserer Ansicht nach wohl kaum eine abschreckende Wirkung im Sinne der im Sinne der Richtlinien 2006/54/EG, 2000/78/EG und 2019/1158 erzeugen kann.
Unterschiedliche Fristen zur Geltendmachung bei Belästigung § 27 StLGBG 2023
Besonders positiv ist hervorzuheben, dass eine explizite Regelung der Beweislastumkehr in §27 Abs 7 StLGBG 2023 erfolgt, da dies eine rechtlich normierte Erleichterung für betroffene Personen darstellt und deren Schutzwürdigkeit ein großer Stellenwert eingeräumt wird, was die Antidiskriminierungsstelle Steiermark ausdrücklich befürwortet. Betreffend die Verjährungsfristen zur Geltendmachung von Belästigungen in §27 Abs 7 StLGBG 2023 bleibt anzumerken, dass für die Antidiskriminierungsstelle Steiermark unklar scheint, weswegen eine Belästigung nach § 17 und § 21 StLGBG 2023 lediglich für sechs Monate ab dem Zeitpunkt der Beendigung der Belästigung verfolgbar ist (§27 Abs 1 StLGBG 2023); wohingegen für eine Belästigung nach § 10 StLGBG 2023 iVm § 25 StLGBG 2023 eine Verjährungsfrist von drei Jahren gilt (§27 Abs 6 StLGBG 2023). Diese Diskrepanz könnte als unterschiedliche Gewichtung von belästigendem Verhalten gewertet werden, wobei es der Antidiskriminierungsstelle Steiermark äußerst wichtig ist, darauf hinzuweisen, dass jegliche Art der Belästigung und sexuellen Belästigung für sich ein äußerst problematisches Verhalten darstellt und der Ort und Zeitpunkt eines derartigen Übergriffes keinen Hinweis auf den Grad des Verstoßes geben kann. Vor allem unter dem Gesichtspunkt der Zusammenführung der Belästigung und sexuellen Belästigung im § 10 StLGBG 2023 ist unklar, weshalb hier eine unterschiedliche Fristsetzung notwendig ist.
3. Teil des StLGBG 2023
Als begrüßenswert erachten wir, dass mit dem neuen StLGBG ein Verbot der Diskriminierung für alle Angelegenheiten geschaffen werden soll, die in die Regelungskompetenz der Länder fällt. Besonders lobenswert erscheint uns hiermit auch der Umstand, dass der sonstige Bereich im 3. Teil (im Gegensatz zu dem Gleichbehandlungsgesetz (GlBG), das nur das Merkmal des Geschlechts und der ethnischen Herkunft umfasst) sämtliche in § 3 Abs 1 StLGBG 2023 genannten Merkmale umfasst. Dennoch ist es uns ein Anliegen darauf hinzuweisen, dass es erstrebenswert wäre, wenn auch Verletzungen im sonstigen Bereich (3. Teil) einer Prüfung durch die Gleichbehandlungskommission unterzogen werden könnten. Nach der derzeitigen Formulierung steht es diesen benachteiligten Personen nämlich nur offen ihre Ansprüche gerichtlich geltend zu machen (§ 31 iVm § 32 StLGBG 2023).
Gleichbehandlungskommission § 37 StLGBG 2023
Befürwortend anzumerken ist, dass sich die beim Amt der Steiermärkischen Landesregierung einzurichtende Gleichbehandlungskommission gemäß § 37 Abs 1 StLGBG 2023 „aus drei Mitgliedern zusammensetzt und zwar aus der/dem Vorsitzenden, der Vorsitzenden-Stellvertreterin/dem Vorsitzenden-Stellvertreter und einem weiteren Mitglied, wobei ein Mitglied eine Frau zu sein hat. Zwei der Mitglieder werden gemäß § 37 Abs 2 StLGBG 2023 auf Vorschlag der Präsidentin/des Präsidenten des Landesverwaltungsgerichts aus dem Kreis der Verwaltungsrichterinnen/Verwaltungsrichter bestellt."
Die unabhängige und unvoreingenommene Entscheidungsfindung soll hierbei gewährleistet werden, was als sehr positiv hervorzuheben ist.
Wiederum ist anzumerken, dass sich die aus den Verwaltungsrichterinnen/Verwaltungsrichtern bestehende Konstellation der Gleichbehandlungskommission auch sehr dafür eignen würde, sich mit Diskriminierungen der bereits angeführten Gruppe der Nicht-Bediensteten zu beschäftigen. Somit empfiehlt die Antidiskriminierungsstelle Steiermark abermals das Recht, einen Antrag auf ein Gutachten der Gleichbehandlungskommission zu stellen, auf die Gruppe der Nicht-Bediensteten auszuweiten, die ansonsten wie oben ausgeführt, ihre Ansprüche nur gerichtlich geltend machen können (§ 31 iVm § 32 StLGBG 2023).
Für die Antidiskriminierungsstelle Steiermark ist nach Durchsicht der derzeitigen Erläuterungen zum StLGBG 2023 nicht nachvollziehbar, aus welchen Erwägungen eine Verkleinerung der Kommissionsmitglieder auf drei Personen bei gleichzeitiger Beibehaltung einer qualitativ hochwertigen Verfahrensabwicklung erfolgen soll.
Bekräftigen möchte die Antidiskriminierungsstelle Steiermark als Mitglied des Klagsverbandes zur
Durchsetzung der Rechte der Diskriminierungsopfer dessen Anregungen zum StLGBG:
- die Frühkarenz gemäß §§ 71a L-DBR, 56h GBG und 31a Gemeinde-Vertragsbedienstetengesetz 1962 in den Schutzbereich des StLGBG aufzunehmen sowie die gesetzliche Grundlage für die Vergütung der Freistellung anlässlich der Geburt eines Kindes an geeigneter Stelle umzusetzen.
- die Fristenregelung in § 27 dahingehend abzuändern, dass für Ansprüche, die aus Verletzungen des Gleichbehandlungsgebotes in Bezug auf freiwillige Sozialleistungen, Aus- und Weiterbildung oder sonstige Arbeitsbedingungen resultieren, die für Betroffene günstigere dreijährige Verjährungsfrist des § 1486 ABGB gilt.
- einen Mindestschadenersatz von 1.000 Euro als Ausgleich für die erlittenen persönlichen Beeinträchtigungen für alle Diskriminierungsgründe vorzusehen.
- die Art 12 und Art 14 der Richtlinie (EU) 2019/1158 sowie Art 17 und Art 18 der Richtlinie (EU) 2019/1152 im § 28 Abs 3 und 4 StLGBG entsprechend auszuformulieren, um Rechtssicherheit für die Rechtsunterworfenen zu schaffen.
Die Antidiskriminierungsstelle Steiermark begrüßt die Neuerungen und Ergänzungen zum StLGBG 2023 und dankt für die Berücksichtigung der in der Stellungnahme getroffenen Ausführungen.