Deutlich weniger Hass im Netz seit Beginn der Corona-Krise – Gefahr der Altersdiskriminierung steigt
Die InitiatorInnen von BanHate, Österreichs umfangreichster App zum Melden von Hasspostings, stellen seit dem 10. März einen Rückgang von Hasspostings in Österreich um 50 Prozent fest. Steirische Antidiskriminierungs-Expertin warnt jedoch: Nun drohe die Gefahr einer verstärkten Altersdiskriminierung.
Seit dem Start von BanHate, Österreichs umfangreichster Online-Meldestelle zu Hass im Netz, im April 2017 gab es keinen vergleichbaren Zeitraum, in dem so „wenig" Hasspostings gemeldet wurden wie in den vergangenen knapp drei Wochen. „Wir verzeichnen einen Rückgang um etwa 50 Prozent", sagt Daniela Grabovac, Leiterin der Antidiskriminierungsstelle Steiermark und Initiatorin der BanHate-App.
Als Stichtag nahm man mit dem 10. März 2020 jenen Tag, an dem Österreichs Bundesregierung die ersten massiven Eingriffe in das öffentliche Leben zur Eindämmung des Corona-Virus verkündet hatte. Seitdem gab es in Österreich pro Tag im Schnitt 2,4 Meldungen zu Hass im Netz. Im Vergleich dazu wurden im Jahr 2019 täglich durchschnittlich fünf Fälle gemeldet, 1822 auf das gesamte Jahr gerechnet.
Grabovac führt diesen Rückgang auf eine neu gelebte Solidarität in Österreich zurück: „Der österreichische Weg des Miteinanders während der Corona-Krise ist ein guter und stellt keine Diskriminierung von bestimmten Gruppen her." Von den insgesamt 48 Meldungen zu Hasspostings, die über die BanHate-App seit dem 10. März bei der Stelle eingingen, waren 16 im Zusammenhang mit Corona.
Mit dem Blick auf andere Länder warnt Grabovac jedoch vor der Möglichkeit einer zunehmenden Altersdiskriminierung, je länger die Einschränkungen für die Öffentlichkeit andauern. „Ältere Menschen sind wegen des Corona-Virus besonders gefährdet. Einerseits steigt hier die Gefahr einer Stigmatisierung von älteren Menschen, andererseits kann eine mögliche Priorisierung von jüngeren Kranken bei Knappheit von Intensivbetten zu erheblichen Diskriminierungen führen", so Grabovac. Es gibt bereits Beispiele aus Frankreich, wo an der Straßburger Klinik Patientinnen und Patienten, die älter als 80 Jahre sind, nicht mehr beatmet werden, weil nicht ausreichend Beatmungsgeräte zur Verfügung stehen.
Ein weiteres Szenario einer Diskriminierung aufgrund des Alters sieht Grabovac in einer möglichen Quarantäne bzw. Ausgangssperre, die nur für ältere Menschen gilt - wie aktuell etwa in der Türkei für Menschen über 65 Jahre. In weiteren Ländern Europas wird ein ähnliches Vorgehen bereits diskutiert. In Österreich dürfte eine solche Vorgehensweise nicht zum Einsatz kommen.
Wie Gesundheitsminister Rudolf Anschober bei der heutigen Pressekonferenz betonte, ziehe man für das Bestimmen von Risikogruppen nicht allein das Alter heran, sondern geht von einem Zusammenspiel von mehreren Faktoren aus wie zum Beispiel dem allgemeinen Gesundheitszustand oder auch Vorerkrankungen.
Grabovac: „Das Alter als einziger Faktor heranzuziehen, wäre diskriminierend! Eine Ausgangssperre darf nie allein aufgrund einer statistisch gesetzten Altersgrenze einhergehen. Österreich ist hier im Sinne eines gemeinsamen Miteinanders und ohne das Ausschließen einer bestimmten Gruppe von Menschen bislang vorbildlich vorgegangen."
Über BanHate
Durch die Einführung von BanHate, der europaweit ersten App zum Melden von Hasspostings, verfügt die Antidiskriminierungsstelle Steiermark mit Sitz in Graz über detailliertes Zahlenmaterial aus ganz Österreich zum Thema Hass im Netz. Seit dem Start der App am 19. April 2017 gingen bei der Antidiskriminierungsstelle Steiermark mehr als 5000 Meldungen zu Hasspostings ein. Der überwiegende Teil der gemeldeten Inhalte betrifft Österreich, der Rest andere deutschsprachige Länder. Knapp 90 Prozent der gemeldeten Postings wurden auf Facebook veröffentlicht. Registriert sind über die BanHate-App rund 2500 Nutzerinnen und Nutzer.
Über die Antidiskriminierungsstelle Steiermark
Die Antidiskriminierungsstelle Steiermark ist eine Initiative des Integrationsressorts des Landes Steiermark und der Stadt Graz. Sie ist eine Erstanlauf-, Clearing-, Beratungs- und Monitoringstelle. Allen sich betroffen fühlenden Menschen wird die Möglichkeit gegeben, sich mündlich, telefonisch, schriftlich oder auf elektronischem Weg an die Stelle zu wenden. Dabei wird der Fall erfasst, über Möglichkeiten des weiteren Vorgehens informiert, Beratung durch zuständige Stellen vermittelt oder in Ermangelung einer zuständigen Stelle Unterstützung in der Sache selbst angeboten, um bestehende Lücken in der Beratung zu schließen.