8. LAND.HAUS.GESPRÄCH
„Diskriminierung für alle?“
Die derzeitige Debatte um Maßnahmen gegen Hass im Netz macht es wieder einmal deutlich: Diskriminierung in all seinen Formen ist ein stets brandaktuelles Thema, welches vor allem Entscheidungsträgerinnen und Entscheidungsträger noch eine längere Zeit beschäftigen wird.
Aus diesem Grund lud Landtagspräsidentin Bettina Vollath am 19.11.2018 in ihrer achten Ausgabe ihres Veranstaltungsformates LAND.HAUS.GESPRÄCH. zu einem Diskussionsabend über den Kampf gegen die vielen verschiedenen Gesichter der Diskriminierung.
Dazu kamen spannende Gesprächsteilnehmende, Expertinnen und Experten, die über Erfahrungen aus ihren jeweiligen Bereichen berichten konnten:
- Daniela Grabovac, Leiterin der Antidiskriminierungsstelle Steiermark
- Godswill Eyawo, Geschäftsführer des MigrantInnenbeirates der Stadt Graz
- Johannes Niedermayer, Obmann des Vereins „RosaLila PantherInnen"
- Sebastian Ruppe, Gründer von „Selbstbestimmt Leben Steiermark"
- Sabine Schulze-Bauer, Gleichbehandlungsbeauftragte des Landes Steiermark
Landtagspräsidentin Vollath begrüßte die Gesprächsteilnehmenden und leitete das Thema des Abends ein. „Es ist ein unbestreitbares und trauriges Faktum, dass Menschen auch im 21. Jahrhundert in den unterschiedlichsten gesellschaftlichen Bereichen unserer liberalen Demokratien immer noch Diskriminierungen erfahren. Aber mit jedem Erfolg gegen Diskriminierung verbessert sich in unserer Gesellschaft auch das Bewusstsein dafür, was Diskriminierung eigentlich ist und wo die Grenzen eines Individuums überschritten wurden, oder wo Würde verletzt wurde. Zu Verbesserungen kommen wir nur, wenn sich immer mehr Menschen zur Wehr setzen.", betonte Vollath.
Durch den Gesprächsabend führte ORF-Moderator Gernot Rath, für die musikalische Umrahmung sorgte ein Trio unter der Leitung von Ismael Barrios.
Nach einem Impuls-Vortrag von Antidiskriminierungsstellen-Leiterin Daniela Grabovac folgte eine spannende Diskussion mit interessanten Gesprächsteilnehmenden. Grabovac wies darauf hin, dass es in der Gesamtbetrachtung als Antidiskriminierungsstelle im Endeffekt die Mehrheit unserer Gesellschaft ist, die diskriminiert wird. Weiter bekräftigte sie: "Wenn man/frau über Diskriminierung spricht, wird deutlich, wie viele Personen von solchen Würdeverletzungen, Ausschlussmechanismen und Verwehrung der gleichberechtigten Teilhabe in unserer Gesellschaft betroffen sind. Es sind Frauen und Männer, unterschiedlichen Alters, unterschiedlicher Geschlechtsidentitäten, unterschiedlicher sexueller Orientierungen, unterschiedlicher Herkunft, unterschiedlicher Lebensrealitäten, mit und ohne Beeinträchtigung, uvm. die betroffen sind. Die Geschichte hat gezeigt, dass das Auf- und Einstehen für Menschen- und Minderheitenrechte vieles schon bewegt und bewirkt hat. In diesem Sinn stehen wir gemeinsam für eine gleichberechtigte Gesellschaft, für uns alle, ohne jegliche Diskriminierung ein!".
Statements der Gesprächsteilnehmenden
Godswill Eyawo:
„Zahlreiche Studien zeigen, dass Diskriminierung ein wesentliches Hindernis für die gesellschaftliche Teilhabe von MigrantInnen ist. Die Beobachtung des MigrantInnenbeirates zeigt eine fatalistische Tendenz, immer mehr MigrantInnen fühlen sich nicht gleichbehandelt wie die autochthone Bevölkerung. Viele von ihnen betrachten sich als BürgerInnen zweiter Klasse und glauben nicht mehr an die Gleichheit aller Menschen im österreichischen Rechtssystem. Diskriminierung trifft zweifelsohne die Menschenwürde, was sich bei wiederholten negativen Erfahrungen bei vielen MigrantInnen u.a. in einem geminderten Selbstwertgefühl zeigt. Um gegen Diskriminierung jeglicher Form vorzugehen, müssen Chancengleichheit und Gleichberechtigung für alle, ohne Rücksicht auf Herkunft, Sprache, Geschlecht und sozialen Hintergrund gewährleistet werden."
Johannes Niedermayer:
„Ich träume von einer gerechten Welt, in der alle Menschen glücklich und frei sind! Jeder soll das machen können, was ihm Freude bereitet. Ich bin felsenfest davon überzeugt, dass man bei allem, was man mit Begeisterung tut, unglaublich gut und leistungsfähig ist. Egal ob es sich um wirtschaftliche Systeme, gesellschaftliche Werte oder kulturelle Anschauungen handelt: Veränderung kann man nicht erzwingen. Überzeugungsarbeit funktioniert nur über Emotionen. Der Mensch muss sehen und verstehen, um reflektieren zu können."
Sebastian Ruppe:
"Der Staat Österreich kommt seinen menschenrechtlichen Verpflichtungen, z.B. der zur Barrierefreiheit, nur sehr schleppend nach, obwohl die Politik bemüht ist nach außen ein heiles Bild zu vermitteln. Das macht abwechselnd traurig und wütend. Dann kämpft man wieder, kommt ein Stück weiter, ermüdet wieder. Die Lösung für diese Problematik würde in einer umfassend inklusiven Gesellschaft liegen, wo alle Menschen, egal ob behindert oder nicht, egal welcher Hautfarbe, Religion, Kultur etc. miteinander groß werden ab der Kinderkrippe. Dann wäre das Andere plötzlich nicht mehr fremd, wir könnten voneinander lernen und wir könnten als Gesellschaft von den Unterschieden sogar profitieren. Deswegen setzen wir uns vom Verein Selbstbestimmt Leben Steiermark auch für umfassende Inklusion und Barrierefreiheit ein."
Sabine Schulze-Bauer:
"Diskriminierungstatbestände sollten nicht in gegenseitiger Konkurrenz stehen, sondern muss jeder für sich beurteilt werden. Selbstverständlich ist es auch möglich, dass ein und dieselbe Person aufgrund mehrerer Gründe diskriminiert wird. Trotz der Gleichwertigkeit der Diskriminierungstatbestände muss jedoch auf die mühsam erkämpften Rechte von Frauen und die noch immer notwendige Förderung der Gleichstellung von Frauen und Männern auf allen gesellschaftlichen und beruflichen Ebenen Acht gegeben werden."