Bis zu 4100 Hate Crimes pro Jahr in der Steiermark
Die von der Antidiskriminierungsstelle Steiermark beim ETC Graz in Auftrag gegebene Studie zeigt erstmals das Ausmaß von Hate Crime in der Steiermark. Eine Reihe von Maßnahmen soll die Menschen in der Steiermark nun weiter sensibilisieren.
Es sind die ersten offiziellen Zahlen, die rund um das Thema Hate Crime in der Steiermark erhoben wurden. Das ETC Graz (Europäisches Trainings- und Forschungszentrum für Menschenrechte und Demokratie) befragte im Auftrag der Antidiskriminierungsstelle Steiermark landesweit 1112 Menschen mit Migrationshintergrund.
Die Ergebnisse: 431 Personen (39 Prozent) gaben an, in den vergangenen 12 Monaten zumindest einmal wegen ihrer Hautfarbe, Religion oder Herkunft beschimpft, beleidigt oder bedroht worden zu sein. Davon waren 188 Personen (17 Prozent) öfter als 3 Mal betroffen.
Opfer eines körperlichen Übergriffs aufgrund von Hautfarbe, Religion oder Herkunft wurden in den vergangenen 12 Monaten laut Befragung 98 Personen (9 Prozent). Davon 31 Personen (3 Prozent) öfter als 3 Mal.
Unter der Berücksichtigung von Mehrfachnennungen lässt sich folgende Hochrechnung treffen: In der Steiermark ereignen sich laut der Studie bis zu 4100 Hate Crimes pro Jahr. Und zwar zwischen 2500 und 3500 verbale Attacken sowie 400 bis 600 körperliche Übergriffe.
Auffallend auch: Am häufigsten passierten diese Vorfälle (verbal und körperlich) auf der Straße, in Parks bzw. in öffentlichen Verkehrsmitteln.
„Für uns bedeuten diese Zahlen, dass wir noch stärker das Bewusstsein für dieses Thema schärfen müssen", sagt Daniela Grabovac, Leiterin der Antidiskriminierungsstelle Steiermark. So plant die Antidiskriminierungsstelle gemeinsam mit dem ETC Tagesveranstaltungen u.a. in Zusammenarbeit mit dem
Verein „Gemeinsam Sicher", bei denen Polizistinnen und Polizisten mit Betroffenen zusammenkommen, um das gegenseitige Verständnis zu stärken. Auch das Personal der Grazer Ordnungswache soll dazu eingeladen werden.
Grabovac: „Hate Crimes haben nicht nur einen individuellen, sondern einen gesamtgesellschaftlichen Bezug. Es geht um die symbolische Bedeutung: Es kann jede Person aus einer mit einem bestimmten Merkmal identifizierten Gruppe treffen."
Diese Merkmale sind durch das Gesetz geregelt: Gemeint sind zum Beispiel Sprache, Religion, Ethnizität, Nationalität sowie je nach Gesetzgebung auch sexuelle Orientierung, Behinderung, politische Einstellung, Obdachlosigkeit oder der soziale Status. Generell versteht man unter einem Hate Crime politisch motivierte Straftaten, bei denen das Opfer vom Täter vorsätzlich gewählt wird - und zwar nach dem Kriterium der wirklichen oder vermuteten Zugehörigkeit zu einer gesellschaftlichen Gruppe.
Das Problem ist laut Grabovac auch folgendes: In Österreich gibt es zwar seit 1996 ein Gesetz (§33, Abs.1, Z5), das diese Delikte mit einem besonderen Erschwerungsgrund berücksichtgt, allerdings selten bei Hate Crimes zur Anwendung kommt. Grabovac: „Das Bewusstsein Hate Crimes auch als solche aufzunehmen und zu verfolgen, fehlt leider noch zu oft."
Landesrätin Doris Kampus: Studie mit großer Bedeutung
„Die Studie, die uns nun vorliegt, hat große Bedeutung: Da geht es nicht nur um rein statistisches Datenmaterial, sondern um weit mehr. Es geht nämlich auch darum, die Gesellschaft wachzurütteln, also um Sensibilisierung. Hinschauen statt wegschauen kann daher nur die Devise lauten. Und da setzen auch die täglichen Integrationsbemühungen des Landes Steiermark an."
Gemeinderat Thomas Rajakovics: Ein Spiegelbild der aktuellen politischen Entwicklungen
„Das oberste Ziel der Stadtpolitik ist ein respektvoller Umgang aller BürgerInnen miteinander. Diese erste Erhebung ist ein Spiegelbild der aktuellen politischen Entwicklungen. Wenn die da oben so reden, dann werde ich das wohl auch dürfen. Ich hoffe, dass solche Zahlen alle die den öffentlichen Diskurs beeinflussen, vor allem Medien und Politik zu einem Nachdenken bringt. Solche Taten tun mir vor allem dann besonders weh, wenn sie gegenüber Kindern und Jugendlichen passieren. Wir wollen, dass sich alle mit Graz identifizieren, wenn solche Vorfälle sich häufen, wird das besonders schwer!"
Klaus Starl, Geschäftsführer ETC Graz: Ausmaß der Übergriffe ist unerträglich
„Als Bürger dieser Menschenrechtsstadt finde ich das Ausmaß dieser Übergriffe unerträglich. Die Entwicklung geeigneter Maßnahmen ist dringend erforderlich!"